Veränderung bedeutet manchmal
Wenn die innere Ordnung und das Verständnis für sich selbst fehlt, wirkt das Leben wie eine Last. Wenn wir nicht wissen, wie wir ticken, was uns wichtig ist, welche Prioritäten wir setzen wollen, wer wir sind oder sein wollen, welchen Sinn das Ganze hat, fehlt der Maßstab, an dem wir uns ausrichten, um für uns Entscheidungen zu treffen. Wir existieren.
Existieren versus Sein
Existieren bedeutet zu überleben, sich zusammenzureißen, auszuhalten, zu funktionieren, zu hadern, sich anzupassen und/oder sich irgendwie zusammenzuhalten mit so wenig Angriffsfläche wie möglich. Welche Erfahrungen, welche Bedingungen und Auslöser auch immer dazu geführt haben. Wir tun uns schwer ohne Grundlage im Leben. Auch wenn, die Auswirkungen bzw. resultierende Verhaltensweisen unterschiedlich sind. Für viele Menschen führt es zu einem destruktiven Strudel.
Sein hingegen bedeutet wahrzunehmen, sich bewusst zu werden, zu gestalten und (für mich vor allem) kreativ zu werden. Sein heißt zu leben, zu genießen und Zuversicht zu haben, dass kein Gefühl für immer bleibt, dass unser Denken beeinflussbar ist und Gedankenkarusselle gestoppt werden können.
Beim Prozess der persönlichen Entwicklung geht es nicht darum Dagewesenes bestmöglich zu rekonstruieren, nach- oder darzustellen. Ehrlicherweise wäre es auch nicht logisch. Immerhin drohen immer mehr Menschen zusammenzubrechen bei der Bestrebung allem und jedem gerecht zu werden und reiben sich an propagandierten Idealen, veralterten Standarts, hohen Anforderungen und so viel mehr auf.
Sich mit dem Sein auseinanderzusetzen ermöglicht es sich zu ordnen, aus den Splittern und Bruchstücken im Inneren etwas Neues entstehen zu lassen. Es geht darum aus Denk- und Verhaltensmustern herauszuwachsen, anders und vielfältig zu spüren, zu fühlen und zu sein. Auf jeden Fall geht es NICHT darum zu schaffen, zu leisten oder (wieder) in Schubladen zu passen.
Reden wir darüber? Verändern?
Es ist verdammt schwer über die eigene psychische Verfassung zu reden. Es ist in vielen Köpfen immer noch ein Tabu und die Furcht vor Stigmatisierung ist groß (und nicht unberechtigt). Schamgefühl und destruktive Gedanken gesellen sich noch dazu. Richtig scheiße wird es, wenn wir uns selbst nicht verstehen, nicht beschreiben können, was wir fühlen (ob wir überhaupt fühlen) und die Worte fehlen, um auszudrücken, was im Inneren vor sich geht, wir uns in unserem Kopf verlaufen, wenn wir nicht erklären können, warum wir nicht in der Lage sind „einfach zu machen“. Wie dann nach Hilfe suchen, fragen und ansprechen, was im Inneren vor sich geht? Wie die innere Ordnung aufbauen?
Der Anfang muss dennoch nicht das Reden sein. Es kann das Erfassen des IST-Zustandes sein. Aufgeschrieben. Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen auf Papier, die übergeben werden als Anlass für ein Gespräch. Auch das kann der Anfang sein, sodass Veränderungen möglicher werden.
Erfahrungen sind nämlich Zeitgestalten. Sie formen sich zu Mustern, die beeinflussen wie wir unsere Zeit gestalten. Sie werden zu Schreckgespenstern, die uns zittern lassen. Sie schieben sich vor unser inneres Auge, sodass Tränen fließen. Sie errichten und erhalten das Konstrukt, in dem unsere Gedanken kreisen. Sie sind die Farbe für unsere Zukunftspläne. Ihre Erscheinungsform ist von der Vergangenheit abhängig und individuell. Doch einmal ins Licht gerückt, besteht die Chance sie unter die Lupe zu nehmen und sich dafür zu entscheiden auf entstehende Zeitgestalten Einfluss zunehmen. Alte zu verscheuchen oder anders zu betrachten und umzuformen.
Manchmal ist besser als nie oder immer
Vom Hoffen auf bessere Zeiten verabschiede ich mich, obwohl es verdammt anstrengend ist. Veränderungen vorzunehmen ist meine Verantwortung. Neues zu etablieren (Rückschläge inbegriffen) ist aufreibend und mitunter ermüdend, aber es lohnt sich. Manchmal ist nämlich besser als nie oder immer.
Manchmal ist da Zuversicht, dass es schon geht und gut wird. Manchmal nicht. Manchmal wird es leiser und im Inneren lauter. Manchmal ist es umgekehrt. Manchmal rolle ich mich zusammen mitten im Sturm. Manchmal stehe ich auf, laufe weg oder hin. Manchmal helfen gute Gedanken und Strategien zur Stabilisierung. Manchmal nicht. Manches, was tagsüber noch aus und in Schach gehalten werden kann, veralbt die Träume. Manchmal ist es ein Kampf gegen die Atemnot und ein „über Wasser halten“. Manchmal fühlt es sich ganz leicht an. Manchmal ist das Lächeln nur Fassade. Manchmal kommt es von Herzen. Manchmal erkenne ich mein Potenzial und nehme wahr, was für Funken in mir sind. Manchmal nicht. Manchmal sind die Bruchstücke unglaublich schmerzhaft. Manchmal zeigen sie, wofür ich dankbar sein kann.
Was denkst du? Wie ist das bei dir? Was bedeutet Veränderung für dich? Bist du oder existierst du? Oder ist das totaler Quatsch?
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