auf in die Rettungsstelle und was dann geschah
Wie zur Aufmunterung schien die Sonne ins Krankenhauszimmer. Dort lag das Tochterkind vor und das Schlimmste hinter uns…
Auf in die Rettungsstelle
Am Abend zuvor kamen wir kurz vor 22 Uhr in einer Rettungsstelle an. Erst ging es zügig. Die Aufnahme. Das erste Gespräch. Die erste ärztliche Einschätzung. Nach 20 Minuten waren wir vom Röntgen zurück.
Der Arzt war freundlich, aber bei seinen Aussagen wurde mir ganz anders. Er zeigte uns das Röntgenbild. Erschreckend. Wie ein Stock, der entzweit wurde, sah der Knochen aus. Die Enden soweit voneinander entfernt, dass sie nicht einfach wieder hätten zusammenwachsen können. Da muss nachgeholfen, gerichtet und fixiert werden. Der Arzt erklärte die Operation. Ich verstand nur die Hälfte und streichelte das Tochterkind. Sprach dann gemeinsam mit dem Arzt beruhigend mit ihr. Sie hatte begonnen zu zittern.
Dann mussten wir warten. Das Tochterkind bekam ein Liege und ein Nachthemd. Ich musste Zettel ausfüllen. Die Zeiger auf der Uhr tickten. Mein Herz hämmerte. Ich streichelte. Dann kam ein anderer Arzt und erklärte, dass die Op nicht dort stattfinden könnte. Verlegung. Er war weniger freundlich. Wir könnten jetzt mit dem Auto in das andere Krankenhaus fahren, meinte er. Besorgt, zitternd und einfach aufgewühlt, wie ich war, hätte ich gar nicht fahren können. Davon abgesehen haben wir nicht mal einen fahrbaren Untersatz. Die Liege wurde in den Flur geschoben und wir warteten auf den Krankentransport.
Kein OP-Kapazitäten… Verlegung
Die zwei Menschen, die dann kamen, waren großartig. Sie waren gut gelaunt, redeten mit uns, machten Mut, heiterten das Tochterkind auf. Um Mitternacht kamen wir in dem anderen Krankenhaus an. Die Zwei brachten uns hinein und sorgten dafür, dass sich gleich jemand unserer annahm. Der Zustand des Tochterkindes, nun auf einer neuen Liege, wurde kontrolliert und dann warteten wir. Ich stand neben dem Kind und streichelte über den Kopf. Mein n Herz hämmerte immer noch. Um 1 Uhr waren die Formalitäten (erneutes Gespräch, Corona-Test, kontrollierte Werte, ausgefüllte Zettel) erledigt. Die „neue“ Ärztin machte Mut, beruhigte, erläuterte die aktuelle Situation im Haus und den Ablauf.
Bevor es auf Station ging, wo dann erneute Vorbereitungen getroffen wurden, tauschten der Papa und ich. Er hatte organisiert und Sachen zum Bleiben dabei. Bis dahin konnte ich gut da sein. Streicheln. Aufmunternd und beruhigend flüstern. Stark sein. Dem Kind erklären, was vor sich ging und passieren würde. Informationen über sie weitergeben. Unterschreiben. Dann hätte ich nichts mehr tun können. Nur warten. In einem Krankenhauszimmer. Allein. Das wäre nicht gut für mich gewesen. Ich hatte das Gefühl nicht atmen zu können. Ich ging raus.
auf geht es
Gegen halb Drei in der Nacht ging es in den Op-Bereich. Da kam ich grade Zuhause an. Um halb Sechs in der Früh hatte das Tochterkind es überstanden. Die Reposition. Das Einbringen von Drähten. Die Nakose. Das Gipsen und Verbinden. Mit ihrem hochgelagerten rechten Arm ging es dann für sie zurück zur Station.
Nach meinem unruhigen Dämmerschlaf, einer Dusche, einer Tasse Kaffee und der Organisation (in der Schule Bescheid geben, Termine verschieben, die Betreuung des zweiten Kindes klären) stellte ich mich beim Testzentrum an. Mit dem „negativ“ Ergebnis durfte ich dann ins Krankenhaus. Dort lag das schlafende, tapfere Tochterkind. Ich hielt ihre linke Hand und musste erstmal weinen. Dann setze ich mich ans Fenster, versuchte die Informationen der Ärzte aufzunehmen und die Sonne strahlte durch das Fenster: „Es wird gut werden.“.
„Machen sie sich keine Sorgen.“
Das hatte die Ärztin in der Nacht gesagt. Doch ich machte mir Sorgen. Wie könnte es auch anders sein? Ich meine, den rechten Arm uneingeschränkt zu nutzen, ist schon nicht schlecht. So ne Op ist nicht ohne. Zu hören, dass es keine Kapazitäten dafür gibt, dass verlegt wird und überhaupt dieses „im Krankenhaus sein“, ist nicht grade beruhigend. Für die Behandelnden sind die Vorgänge vielleicht Routine. Für mich nicht. Ich befand mich in einer Ausnahmesituation. Ich hatte Angst.
Allem voran, weil es um mein Kind ging. MEIN KIND, dem ich nicht helfen konnte. Ich kann keine Schmerzen nehmen. Sie nicht selbst operieren. Ich konnte da sein, was schon besser ist, als gar nichts tun zu können, aber ich musste sie eben auch in fremde Hände geben und auf das Beste hoffen. Mein Herz hämmerte ständig in einem wilden Takt. (Oder setzte kurz aus bei Aussagen) Jede Faser meines Körpers war angespannt. Dieses hilflose Danebenstehen kann ich nur schwer aushalten. Genauso wie es mich Kraft kostete für mein Kind zuversichtlich zu lächeln und beruhigend zu erklären. Sie so zu sehen, ließ mir das Blut gefrieren.
Überstanden
Ich bin erleichtert und dankbar. Dass es ein Krankenhaus mit Kapazitäten gab. Dass es Krankentransporte gibt. Dass die Menschen, die da in der Nacht mit uns unterwegs waren, so warmherzig waren. Dass die gar nicht so einfache Reposition gelang. Zu so früher Stunde. Dass die meisten Krankenhausmitarbeiter*innen, trotz der Situation (Corona, Personalmangel,…) emsig und freundlich waren. Auch wenn wir doch hier und da echt lange Warten mussten. Zumindest gefühlt. Außerdem ist es gut, dass der Papa und ich für unsere Kinder an einem Strang ziehen und er mitaufgenommen wurde.
Jetzt haben wir das Schlimmste überstanden. Sind Zuhause. Der neue äußere Verband ist rot und bei der ersten Nachkontrolle angelegt worden. Jetzt wird das Tochterkind umsorgt, lagert ihren Arm hoch und hoffentlich wird es gut heilen. UND SIE KANN WIEDER LÄCHELN!
Also wenn ihr Tipps für die Zeit mit Gips und dann die Schiene habt, teilt sie gerne mit mir.
Eure Anne
Gefühle einer MamaLeben mit KindernRettungsstelleSorgen ums Kind
Sari
Tipps für die Zeit mit Gips habe ich leider nicht, der kleine Sohn musste da damals irgendwie durch und hat es einfach gut gemacht. Am Anfang traute er sich noch nicht den Arm zu nutzen, aber mit der Zeit rannte und spielte er mit dem Gipsarm, als ob da nichts wäre.
Kinder sind da deutlich anpassungsfähiger als wir, denke ich mir.
Gut zu hören, dass alles gut gegangen ist. Ich kann mich auch noch an den Schreck damals und die vielen ungewissen Stunden erinnern…
Fühl Dich gedrückt.
Anne
Danke dir, liebe Sari. Mittlerweile kommt das Tochterkind auch nach anfänglicher Vorsicht besser mit dem Gips (das Teil ist auch echt schwer) und der Einschränkung klar. Bei der Kleidung müssen wir momentan kreativ werden. Die Sachen sind zu schmal, sodass der Gips weder in den Ärmel noch einfach so mit unter das Shirt passt. Zerschneiden möchte ich jedoch auch nicht zu viel. Oberteile von mir dürfen keinen Ausschnitt haben… Mmh. Ich bin froh, dass die Zeit, also das Ende, absehbar ist.