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auf dem Friedhof

auf dem Friedhof

Trauer kommt in Wellen.

Bricht sich eine dieser Wellen im Herzen kann der Friedhof wie eine Insel wirken. Dort kann geankert werden. Dort ist es ruhig. Dort muss nichts sein. Dort kann der Alltag pausieren. Dort können Tränen fließen.

Friedhöfe strahlen für mich eine ganz eigene Atmosphäre aus.

Ein mulmiges Gefühl hatte ich selten. Höchstens in jüngeren Jahren bei Dunkelheit. Die Erinnerung an Horrorgeschichten erzeugte eine Gänsehaut dann und wann.

Bei Licht betrachtet war da jedoch nichts Gruseliges. Nur die Würde der Zeit. Alte Bäume. Efeu. Aufwendige Grabstellen. Geschichten. Menschen, die zu Zahlen und Buchstaben wurden. Wie sie wohl gewesen sind?

Dieser eine Mensch, von dem ich weiß, wie er war, ist nicht mit diesen Zeitzeugen dort begraben. Fast nur ich weiß, dass die Asche dort in die Erde gelassen wurde. Und ich denke, dass das, was diesen Menschen ausmachte nicht dort ist. Trotzdem fühle ich mich dort frei offensiv zu trauern.

Wie ein Schatten begleitet mich das Vermissen. Dort kann es sich seine Bahnen brechen. Ich kann hadern mit dem Leben. Kann schimpfen über dieses Gefühl, des Verlassenseins. Kann auf die Erde stampfen und mich beschweren, dass ich meinen Gutschein für gemeinsame Zeit nicht mehr einlösen kann.

Nun bekommt dieser Mensch Gesellschaft und ich frage mich, wie viele noch folgen werden bis ich an der Reihe bin.

Bis zur nächsten Welle, bis zum nächsten Begräbnis schreitet die Würde der Zeit durch angelegte Reihen, streift durch Gestecke und Bäume und senkt sich dann friedvoll über das Gras. Während im Universum das gewesene Sein über die Sterne tanzt und im Leben neue Hoffnung seinen Platz sucht.

Anne

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