Lesezeit #30 – drei Erstlesebücher
Lesen stellt eine Kompetenz dar, die uns Geschichten offenbart, den Zugang zu Wissen ermöglicht und die Orientierung im Alltag erleichtert.
Doch der Schriftspracherwerb, das Lesen lernen, ist ein komplexer Vorgang: Laute nutzen, Buchstaben kennen, Silben verbinden, Wörter entziffern, Sätze erfassen, Wortschatz ausbauen, Grammatik verstehen. Es braucht Zeit und stetige Wiederholung.
Es gibt so einige Bücher, die extra konzipiert wurden für das Lesenlernen. Mit großer Schrift. Wenig Text auf einer Seite. Illustrationen zur Auflockerung. Mit Symbolen, die einzelne Wörter ersetzen. Mit kurzen und leichten Sätzen…
Vorallem aber braucht es Lesestoff, der mitreißt. Bei dem die Neugier geweckt wird. Ein interessantes Thema oder eine packende Geschichte motiviert zum Selberlesen, weil man unbedingt wissen will, wie es weitergeht.
Meine Tochter und ich lesen gerne zusammen. Krümel mag es nicht, wenn seine Schwester ihm vorliest. Das längere Selbstlesen strengt sie auch noch an. Begleitetes und abwechselndes Lesen minimiert da den Frust bei ihr. Und ihm.
Von drei Büchern, die wir seit dem zweiten Schuljahr mit Freude lesen, möchte ich euch berichten.
Lesespaß mit Conni
Conni und die Schultiere • Julia Boehme • Herdis Albrecht • Carlsen • 2019 • Hardcover
Connis Lehrerin Frau Reisig bringt in einem entsprechenden Behälter Raupen mit in die Klasse. Neue Schultiere. Die Kinder beobachten und dokumentieren, wie daraus Tagpfauenaugen werden. Dabei beschäftigen sie sich mit dessen Entwicklung und Lebensraum. Es werden Fragen geklärt wie zum Beispiel was Raupen und später Schmetterlinge fressen… Natürlich kommt Connis neues Wissen Zuhause und bei Oma und Opa zum Tragen.
Conni ist für mein Tochterkind keine Unbekannte und eine weitere Geschichte von ihr war ein echter Ansporn. Genau richtig zum Wecken der Leselust.
Die Seitengestaltung mit Sprechblasen, hervorgehobenen einzelnen Wörtern, Passagen (Connis Raupentagebuch) in Schreibschrift, mit Wörtern, die comicartig in Szene gesetzt sind, und natürlich mit der Illustration an sich macht die Geschichte und das Lesen lebhaft. Lässt Pausen zu und zusätzlich Raum zum Reden. Flüssiges Lesen Zeile um Zeile ist gar nicht nötig. Das erleichtert den Einstieg.
Mit dem Mädchen im rot-weißen Ringelshirt und der lockeren Text&Bildestaltung können wir uns einfach mit der Schriftsprache vergnügen. Ganz nebenbei erfahren wir mehr über Schmetterlinge und werden für die Natur sensibilisiert.
Gemeinsam lesen ist eine super Sache.
Schule Kunterbunt – Ist alles vorbei? • Irene Margil • Jan Radermacher • Carlsen • 2019 • Hardcover
Die Schule Kunterbunt mit Fächern wie Musik, Tanz und Theater soll bald schließen. Die Einstein-Nachbarschule mit der naturwissenschaftlichen Ausrichtung hingegen baut an.
Die neue Direktorin ändert die Unterrichtspläne. Und streicht sogar das Song-Finale in der Nachbarstadt. Ein Sieg beim Mathewettbewerb soll Werbung für die Schule Kunterbunt machen und die Wendung bringen.
Doch Luca und seine Freunde haben eine andere Idee. Auf dem Markplatz wollen sie ihr wirklich erlerntes und geprobtes Können zeigen. Tatkräftig werden sie dabei von einigen Einsteins unterstützt. Auch Lena, die seit kurzem im selben Haus wie Luca wohnt und die Einstein-Schule besucht, hilft, wo sie kann…
Aber lässt sich die einzigartige Schule retten?
Bei diesem Buch wird nicht vor Beginn verhandelt, wer was vorließt. Dank Eule und Spatz ist das klar. Der Gedanke, dass die Motivation zum Selbstlesen steigt, wenn der Fortgang der Geschichte offen ist, wird genutzt. So beginnt der Erfahreneleser mit deutlich mehr Text und wird dann vom Leselerner mit weniger Textumfang in roter Schrift abgelöst. Am Ende gibt es dann noch einen Mitmach-Teil.
Die Geschichte an sich verdeutlicht, dass eine gute Schule so viel mehr ausmacht als (mathematische) Leistung. Besonders gefallen hat mir, dass die Kinder der Nachbarschulen nicht konkurrieren. Die Solidarität und die selbstbestimmte Kreativität der Kinder bereichert sie.
Bei diesem Buch geht es durch und durch um Gemeinsamkeit.
Gemeinsam lesen. Das gemeinsame verfolgen einer Idee, wie in der Geschichte, was zum Erfolg führt. Und ganz nebenbei zeigt sich, dass Kinder mit Vielfaltsmerkmalen (z.B. Kinder of Color), Kinder, die sich auch außerhalb von Rollenklischees bewegen wie das rechenbegeisterte Mädchen und der backende, theaterspielende Schlagzeuger, problemlos gemeinsam agieren können.
Vom Ansatz des gemeinsamen Lesens über die Geschichte bis zur Illustration und Seitengestaltung ein rundum gelungenes Kinderbuch.
Lesenlernen mit Miss Elli
Miss Elli legt los • Susanne Fülscher • Kristina Nowothnig • Carlsen • 2019 • Hardcover
Die Geschwister Ben und Mieke finden Babysitter doof. Doch Miss Elli, die früher Lehrerin in England war, ändert das. Sie ist „mega wonderful cool“ mit ihrem „Fliemo“, einem Flugmobil-Koffer mit glänzenden Schnallen, und ihrem magischen Stift.
Als Miss Elli auf die beiden Kinder aufpasst, dürfen diese nicht nur auf dem Sofa lümmeln und Gemüsesticks verdrücken. Sondern die alte Dame hilft Ben auf phantastische Weise schwimmen zu lernen, sodass er nicht mehr als „Angstpupser“ ausgelacht wird.
Wenn die Grundlagen erlernt wurden, geht es um das Vertiefen und Festigen. Und in diese unterhaltsame Geschichte lässt sich prima eintauchen. Magisch. Mutmachend. Überraschend. Auch hier fällt nebenbei auf, dass stereotype Erwartungen nicht immer erfüllt werden. So ist die Mutter Ärztin und der Vater Pfleger, der Junge bei einer sportlichen Aktivität ängstlich und die ältere Dame so gar keine langweilige Babysitterin.
Kurze Sätze, kurze Kapitel, eine Geschichte, die durch die Erinnerung an „Mary Poppins“ vertraut wirkt und doch einzigartig ist sowie die fröhliche, großflächige und auflockernde, die Geschichte unterstreichende, Illustration sorgen für ein erfreuliches Leseerlebnis, was Lust auf mehr macht.
gesteigerte Lesekompetenz
Den Spaß am Lesen wecken mit Conni, gemeinsam Üben mit Hilfe von Eule und Spatz rund um die Schule Kunterbunt und sich dann selbst in eine spannende Geschichte mit Miss Elli vertiefen – drei tolle Leselernbücher.
Immer öfter höre ich meine Tochter in letzter Zeit in ihrem Zimmer abends, während ich ihren Bruder ins Bett bringe, für sich lesen. Das freut mich sehr und zeigt, dass Geduld, sich zusammen hinzusetzen sowie gelebte Bücherliebe und passende Geschichten die Unlust aufs Üben verringern und die Lesekompetenz fördern. So langsam offenbaren die Buchstaben ihr Geheimnis. Das Textverständnis nimmt zu. Die Begeisterung wächst… Und es gibt noch so unglaublich viel Lesestoff zu entdecken….
Wie gestaltet sich das Lesenlernen bei euch? Welche Auswahl macht eure Kinder zu Bücherwürmern?
Anne
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