Weiblich und Männlich!? Intersexualität, Monosomie X und Sein
Wir sprechen von Jungen und Mädchen. Von Frauen und Männern. Für weitere Selbstverständnisse existieren Leerstellen.
Seit 2013 muss bei der Geburtsurkunde keine Geschlechtszuteilung eingetragen werden und für das zukünftige „Inter“ oder „Divers“ setzte sich Vanja ein. Ich folgte den Berichten.
Warum? Weil Vanja mit nur einem X-Chromosom geboren wurde. Defacto mit dem Ullrich-Turner-Syndrom, was in diesem Kontext ausdrücklich als Variante medizinisch unklarer Geschlechtszuordnung deklariert wird. Was mich Inne-halten ließ.
Weil Vanja sich selbst nicht als fehlerhafte Frau einordnen lassen will, hat sie sich Stark gemacht für das Dazwischen.
1989 hat sich ebenfalls eine Person eingesetzt. Für die vollwertige Wahrnehmung als weiblich – mit dem UTS.
Durch einen engagierten schriftlichen Austausch mit dem Lexikon-Auskunftsdienst bezüglich des Stichwortes „Ullrich-Turner-Syndrom“ im Gesundheits-Brockhaus wurden Formulierungsänderungen vorgenommen.
Bezeichnungen über das UTS in dem genannten Werk seien diskriminierend und Formulierungen wie „Mongolenfalte“, „Zwergenwuchs“ und „nur im Erscheinungsbild weiblich“ objektiv falsch gewesen.
Sein. Nicht wie. Nicht fehlerhaft.
Fraglich ist nun, ob die Selbstwahrnehmung, die sexuelle Identität, vom Chromosomensatz oder der Gesellschaft aka Erziehung maßgeblich geprägt wird…
Meine Tochter radelte im vergangenen Sommer immer vorne weg und rief: „Ich bin die Erste!“.
Mein Sohn eiferte ihr nach. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit. War er dann schneller, rief er voller Begeisterung: „Ich bin DIE Erste.“.
Alle Bemühungen ihm Pronomen näher zu bringen, dass er DER Erste ist, führten nicht zu einer Änderung in seinem Sprachgebrauch.
Meine Tochter trägt bevorzugt Kleider und Röcke. Mein Sohn trägt sie auch. Gummistiefel und ein lila Tütü gehören bei ihm zur bevorzugten Wahl.
Irgendwann hatte ich ihn gefragt, ob er Junge oder Mädchen sei. Er sei ein Junge, meinte er.
Ich habe aufgehört zu Verbessern. Ich habe aufgehört zu Fragen. Er ist, was er sein möchte. Wie er sein möchte. Fertig.
Durch die Auseinandersetzung mit dem UTS hatte ich mir vorgenommen, dass ich meine Tochter in ihrer weiblichen Identität unterstützen würde. Ich kaufte zum Beispiel „Mädchen-Ü-Eier“, die ich im Sinne der „Hellblau-Rosa-Falle“ eigentlich überflüssig finde.
Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht schien mir wichtig.
Mir ist aufgefallen, dass Kinder oft Mutter, Vater und Kind spielen. Ich würde behaupten auch dann, wenn sie andere Familienformen leben oder erleben.
Schätzungsweise liegt das daran, dass für Nachwuchs nunmal eine Ei- und eine Samenzelle nötig ist, die sich in Mann und Frau verkörpern, was Kinder auf ihre Art schon früh wissen.
Vielleicht muss es die Unterteilung und Abgrenzung der Geschlechter geben, damit das Dazwischen einen Raum bekommt. Und wahrscheinlich braucht es auch wirklich eine Bezeichnung dafür.
Doch nehme ich meine Tochter so gar nicht intersexuell wahr.
Der Bundesverband intersexueller Menschen definiert:
Von der biologischen Komponente könnte sie in diese Kategorie fallen. Ich schätze, sie wird sich jedoch als weiblich/ Mädchen/Frau indentifizieren. Mit Sicherheit kann ich das natürlich nicht sagen.
Die Berichte ließen viele Gedankenketten kippen wie Dominosteine. Schlussendlich hinterfrage ich doch nur meine Normen und Richtlinien. Mein Verständnis von Geschlechtsidentität.
Und je mehr ich mich mit der Intersexualität beschäftige, desto mehr denke ich: Wenn ich meinen Sohn „DIE“ Erste mit Tütü sein lassen kann, kann ich meine Tochter auch ein Mädchen sein lassen.
Anne
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