Inklusion – 500 Fragen bei einem Salondialog
Sie würden uns mehr über den Index für Inklusion erzählen. Und dann begann der Salon für inklusiven Dialog mit einer Frage.
Wurden Sie in ihrer Elternrolle schon einmal beschämt oder benachteiligt?
Gute Frage. Vielschichtig. Erst mit dem Sitznachbarn dann in einem offenen Gespräch wurde ihr nachgegangen.
Ich notierte: Es muss nicht mal in der Elternrolle sein. Wurdest du schon einmal beschämt oder benachteiligt?
Die Einstiegsfrage traf einen Nerv. Stühlerücken, Arme gestikulierten und ein angenehmes Summen von intensiven Gesprächen, die mit Emotionen gefüllt waren, breitete sich aus.
Jemand äußerte, dass Scham als Gefühl individuell erlebt wird und auch Benachteiligung subjektiv empfunden werden kann. Die eigene Verfassung spielt ebenso eine Rolle. Die Kontextfrage ploppte auf. Bewegen wir uns gedanklich in familiären Kreisen, dem institutionellen Rahmen oder widmen wir uns einer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung?
Beginnen können wir nur bei uns selbst. Und den Samen der Inklusion setzen wir mit der Überlegung zu: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?
Eine elementarer Gedankengang.
Konstrukte von Werten und Vorstellungen mit bedeutungsschweren Wörtern wie Partizipation, Vertrauen, Teilhabe, Gleichberechtigung, Humor und Wertschätzung entstehen. An diesem Abend betrachteten wir ein fertiges Netz und es wurde verdeutlich, dass es unerlässlich ist diese Begriffe, diese Werte und Vorstellungen zu definieren. Gemeinsam. Gleichzeitig ist es unerlässlich sich der Kehrseite bewusst zu sein.
Das Ende des Einstiegs und eigentlich waren wir schon längst mittendrin, ich jedenfalls notierte: Miteinander für einander! Bedingungslos.
Ich unterstrich das. Ich möchte gerne in einer Gesellschaft leben, in der ein bedingungsloses Miteinander herrscht.
Und wie gestaltet sich ein an Inklusion orientiertes gesellschaftliches Zusammenleben?
Mit 500 Fragen bietet der Index für Inklusion eine Herangehensweise. 500 Fragen, die erschlagend wirken, aber die Chance bieten eine Kultur (Denkweise) und Strukturen (einen roten Faden) zuschaffen und dann schlussendlich konkrete Praktiken zuentwickeln und durchzuführen.
Es wird betont, dass die 500 Fragen sensibilisieren, aktivieren und aufmerksam machen sollen und es nicht um richtig oder falsch geht. Wie bei einem Buffet kann sich jede Person und jedes Team anhand der Unterteilungen die Fragengruppe in den Fokus rücken, die für sie wichtig ist.
Beispielhaft wird erwähnt, dass man sich zu Beginn einer Teamsitzung einer Frage widmen kann. Was mir sinnig erschien. 500 Fragen sind ein ganz schöner Batzen. Als Einrichtung immer einer Frage nachzugehen, wirkt dem Stönen wegen Mehrarbeit wahrscheinlich entgegen.
Die Bar füllte sich. Nachzügler der Veranstaltung waren längst im Thema drin. Gäste bestellten Getränke. Verschwanden im Nebenraum.
2003 erschien die erste deutsche Ausgabe des Index. Adaptiert von den Briten Tony Booth und Mel Ainscow.
Konzentriert lauschten die vorwiegend weiblichen Teilnehmer. Jemand fragte nach der Nutzungsverbindlichkeit für Einrichtungen. Gibt es in dem Sinne nicht. Von gelungenen Beispielen wurde berichtet. Die Stadt Oldenburg glänzte als solches.
Alles steht und fällt mit den Menschen. Wenn da jemand ist, der sich auf den Weg machen will, kann Tolles entstehen.
Die Überzeug der zwei Sprecherinnen und auch ihre Leidenschaft für das Thema schwang durch den Raum.
3 Dimensionen und ganz schön viele Unterpunkte machen den Index aus. Kein Kontrollinstrument. Eine Handreichung. Ich notierte mir, dass ich die Ausgabe meiner Einrichtung lesen möchte.
Erste Anwesende gingen. Grafiken, Aufgliederungen und sich ergänzende Dimensionen erschienen an der Wand. Ein „richtiges“ Einsteigen war kaum möglich. Ich glaube auch, dass es für den Index einer mehrtägigen Fortbildung bedarf oder mindest ein wenig Begleitung.
Doch mein Interesse ist geweckt. Als Mutter kann ich mir den Index auch gut als Gesprächsgrundlage vorstellen, als Formulierungshilfe und Anregung, sodass in der Kommunikation mit Pädagogen, Behörden und vielleicht sogar Krankenkassen die richtigen Fragen gestellt werden können, sodass man von der Gefühls- auf eine Sachebene kommt.
Ein Beispiel: Fragebogen 3 – Meine Schule (für Kinder und Jugendliche)
„Ich fühle mich von meiner Lehrperson respektiert.“ – Stimme zu, Stimme teilweise zu oder Stimme nicht zu. Sodann kann man sich fragen, woran man die Antwort festmacht bzw. woran der Antwortende sie festgemacht hat. Und was ist eigentlich Respekt? Wie äußert er sich? Woher kommt er? Die Lehrkräfte können sich fragen, wie sie respektvoll sein können?
Ein Gedankenkarussell nähme seine Fahrt auf. Wieder kam mir das Wort „vielschichtig“ in den Sinn. Akteure und Blickwinkel müssen in den Prozess einfließen.
Spannend war es. Irgendwann nach 21 Uhr endete der Input. Applaus. Ich ging mit einem guten Gefühl nach Hause. Der Herzmann und ich sprachen noch über einiges.
Gerne komme ich noch drei Mal wieder. Du vielleicht auch?
Nähere Informationen zur Veranstaltung finden sich HIER oder HIER.
Anne
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