Größe ist nicht alles!
Die Wahl fällt auf diese letzte Frage als Gesprächsbeginn. Wir wollten damit Krümelies Einstellung zu ihrem Wachstum in Erfahrung bringen.
Größe beim Turner-Syndrom
Neutrales Fragen ist dabei fast unmöglich. Bewegendes Thema für alle Beteiligten. Ich will die Meinung meines Kindes erfahren ohne meine Einstellung in der Frage zu transportieren und muss eben schon über den Gesprächsbeginn nachdenken, was dem Ganzen die Leichtigkeit nimmt. Nun gut.
Es war ein komisches Gespräch. Natürlich möchte unser Kind wachsen. Warum auch nicht?
„So groß wie Mama will ich werden. Und eine Astrid Lindgreen. Aber sterben will ich nicht. Nur Geschichten schreiben.“, antwortete unser Tochterkind.
Klar, Krümelie will wachsen. Ich meine herausgehört zu haben, dass sie wachsen will, weil sie sonst nicht erwachsen wird. Wir erklärten ihr nochmal explizit, dass es auch kleine Erwachsene gibt, diese dürfen „Erwachsenensachen“ machen; sind sozusagen „vollwertige“ Erwachsene.
Sinngemäß schien sie „Was willst du mal werden, wenn du groß bist?“ verstanden zu haben, da sie uns ja ihren Berufswunsch gleich mitteilte.
Wir beließen es dabei und erklärten nur kurz, dass ein Termin bei einem Arzt anstand.
Und weil es sich durch die räumliche Nähe anbot, kreierten wir vorher eine Schokolade.
DER Termin
Wir saßen also am 1. August in einer Praxis. Krümelie wurde gemessen, gewogen und der Blutdruck erfasst. Ein Betäubungspflaster wurde geklebt. Unter Tränen. Anschließend wurden wir mit einem freundlichen „Was kann ich für Sie tun?“ vom Arzt begrüßt.
Ja und dann saßen wir da und wussten nicht, was wir dort sollten.
Ich betone es, wir wollen nur das Beste für unsere Kinder. Beide. Für „die Pubertät“ wären wir mit unserer 4-Jährigen zu früh dran gewesen. Und beim Thema „Größe“ hatten wir unsere Entscheidung schon getroffen. Was wollten wir eigentlich dort?
Wir haben also einen Kontrolltermin wahrgenommen und wahrscheinlich Bestätigung und Unterstützung gesucht.
Letztendlich unterhielt sich der Arzt kurz mit Krümelie, sah ihr kurz beim Spielen zu und betrachtete ihre Zähne. Er besprach nochmal Vor- und Nachteile von Wachstumshormonen, welche gespritzt werden könnten.
Während der Gabe kann sich der Blutzuckerspiegel erhöhen. Wird das Wachstumshormon abgesetzt, bestünde keine Gefahr für eine bleibende Diabetes. Ein beunruhigender Punkt sind noch nicht erfasste Langzeitfolgen. Die in jedem Körper vorhandenen Tumorzellen könnten mitwachsen.
Neben dem erhofften angeregten Größenwachstum (was natürlich ein Vorteil wäre)gäbe es noch positive Nebeneffekte in Bezug auf die körperliche Leistungsfähigkeit, weil Eiweiß besser aufgenommen bzw. verarbeitet werden würde.
Insgesamt kann nicht garantiert werden, dass die Spritzen einen Effekt haben. Und der Vorgang des Spritzens selbst muss in das tägliche Leben und das Gesundheitsmanagement (wegen vermehrter Kontrollterminen) eingeplant werden.
Das sind die Punkte, die mir im Kopf geblieben sind.
Krümelie ist in 2 Jahren 12 cm gewachsen. Also etwa 6 cm pro Jahr. Sie liegt unter P3. Doch es ist nicht zu erwarten, dass sie nicht die, bei Frauen mit dem Turner-Syndrom üblichen, durchschnittlichen 1,45 bis 1,47 m erreicht. Sie hat durch unsere elterlichen Größen sogar das Potenzial 1.50 m zu werden.
Nach reiflicher Überlegung hatten wir im Vorfeld schon eine Entscheidung getroffen. Hätte der Arzt uns dargelegt, dass er zum jetzigen Zeitpunkt FÜR eine Wachstumsunterstützung wäre, hätten wir nochmals darüber nachgedacht. Ebenso haben wir bei Krümelie keine massive Not gespürt, die eine Behandlungsbefürwortung bedingt hätte, was wir ebenfalls mit dem Arzt besprachen.
NACH dem Termin
In 2 Jahren sollen wir wieder kommen. Dann werden Röntgenaufnahmen der linken Hand gemacht. Und wir werden abwarten, wie sich Krümelie entwickelt.
„Niemals nie sagen.“ – In diesem Sinn treffen wir keine endgültigen Entscheidungen.
Wir setzen auf:
Das Gras wächst nicht schneller nur, weil wir dran ziehen.
Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist. Krümelie setzt sich mit ihrer und anderen Größen auseinander. Und sie wäre bestimmt gerne größer und Durchschnitt für ihr Alter, jedoch müsste dafür etwas „Künstliches“ in ihren Körper. Es ist ein Drahtseilakt. Ich schätze es sehr, dass wir unsere Entscheidung treffen konnten und dabei vom Arzt unterstützt werden.
Nach dem Gespräch mit dem Arzt folgte die tränenreiche Blutentnahme. Obwohl ich sagen muss, dass das Pflaster-kleben mehr Überredung bedurfte und mehr Tränen mit sich brachte.
Als das Überstanden war, konnten wir unsere Schoki abholen.
Wir erklärten Krümelie unsere Entscheidung. Wenn wir wieder hin müssen, wenn sie ein Schulkind wird, besprechen wir die Sachlage neu. Damit war Krümelie einverstanden.
Zu erwartender Minderwuchs, Klein-sein als Begleiterscheinung des UTS lässt uns manchmal zu sehr Schlechtes erwarten. Wir wollen jetzt nicht auf die Medizin setzen sondern auf Selbstwertgefühlstärkung.
Vielen Dank für eure Kommentare zu meinen ersten Überlegungen dazu. Der Austausch bedeutet mir viel.
Anne
EndoGrößeTurner-SyndromWachstum
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