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Von Schnecken und typisch Ullrich-Turner-Syndrom

Von Schnecken und typisch Ullrich-Turner-Syndrom

Alles begann mit einer Frage. Vielmehr mit einer Gegenfrage. Und eigentlich schon viel früher. Aber irgendwo muss ich beginn. Also: Krümelie, Krümel und ich waren bei der Eröffnung der „MiaMida“, einem Reggio-inspirierten Ort in Berlin. Es ist ein Fundus an Ideen und Materialien. Ein Ort des Lernens durch Kreativität. Und zur „Party“ gab es eine Ausstellung über Schnecken. 

Krümelie: „Mama, was machen die Schnecken?“ 

Mama – also ich – schaut konzentriert und antwortet: „Was meinst du?“


Mit dem guten Vorsatz, dass die Kinder eigene Ideen, Ansichten und Meinungen entwickeln soll, möchte ich keine vorgefertigte Antwort geben. Ich möchte ihre Gedanken nicht lenken. Doch wie so meist hat Krümelie ihre eigene Art. Ernst sieht sie mich an. Ich meine einen Hauch von Genervtsein zu sehen und sie entgegnet, wie so oft: 

„Aber Mama, ich hab doch dich gefragt.“ 


Was soll ich dazu sagen? Der Moment verstreicht und wir widmen uns andern Entdeckungen. Zum Ende hin findet sich dann doch noch eine Gesprächspartnerin, die gemeinsam mit ihr die Schnecken betrachtet und die Namen benennt.

Meinem guten Vorsatz zum Trotz besteht Krümelie auf ihre Antworten. Nicht nur bei den Schnecken. Ich muss umdenken. Meine Tochter hat nämlich sehr wohl und sehr viele eigene Ideen und Meinungen. Ich will mir angewöhnen zu antworten. Nicht viel. Nicht zu viel. Grade so, dass es als Einladung dient weiter zu denken. Und die junge Dame kann mir auch sehr Resulut widersprechen. Ich setzte also auf gemeinsame Idee aus dem Gespräch heraus. 

Was ist daran „typisch Ullrich-Turner-Syndrom“? 

Es ist der Wille. Dieser ganz eigene, kaum zubeschreibende, Turner-Syndrom – typische Eigensinn/Starrsinn. Diese ganz eigene Art zu wollen, zu lernen. Dabei zeigt sich Ausdauer. Mit Beharlichkeit erreicht Krümelie ihr Ziel. Dazu gesellt sich dieser Wissensdurst. Sie wirkt als wolle sie alles aufsaugen. Jede Information muss aufgenommen werden. Das gipfelt dann auch in „Wirbelwindigkeit“ und Krümelie wird zappelig und wuselig. Sie kann dann kaum abschalten. Allgemein ist ihr Tun von Intensität geprägt. Im „Fall der Schnecken“ bedeutet das, dass sie überall sind bzw. überall gefunden werden.

Was ist noch typisch für das Ullrich-Turner-Syndrom?

Zum Einen ist die Beschäftigung mit dem Thema „Größe“, und dadurch bedingt mit dem Thema „Gabe von Hormonen zum Wachsen?“, typisch. Die Tendenz geht zu geringer Körpergröße (so 1, 47 cm) eine Vielzahl von Betroffenen fallen in die Kategorie „klein“. Aber auch hier gibt es Aussnahmen (zu sehr klein und groß). Weicht eine Betroffene von der Tendenz ab und wird 1, 70 cm (ja auch das habe ich „gesehen“ mit Mosaik und Spritzen), eint doch alle eben die Beschäftigung mit dem Thema. 
Zum Anderen ist typisch, dass sich sowohl Eltern als auch Frauen mit UTS mit dem Thema „Kinderwunsch“ auseinander setzen. Auch hier gibt es Ausnahme, aber in der Regel können, wegen fehlender Eizellen, keine Kinder entstehen. Nach einer Eizellenspende ist das Austragen möglich. Je nachdem, welche genetischen, körperlichen und gesundheitlichen (und auch ethischen) Voraussetzungen bestehen, muss an das Thema unterschiedlich herangegangen werden. Oft sind die Bedingungen jedoch schlecht bis unmöglich.

Für mich ist zum Beispiel auch typisch, dass Frauen mit UTS sehr tierlieb sind und/ oder in einem sozialen Beruf arbeiten und oft dann auch mit Kindern. Dabei beziehe ich mich auf meine vielen verschiedenen Kontakte. Oft konnte ich auch den Stolz erleben, wenn von Nichten und Neffen oder Patenkindern gesprochen wurde. 

Im gesundheitlichen Bereich sind wohl Mittelohrentzündungen/ Ohrprobleme und Ödeme typisch. Dazu kommen Herzauffälligkeiten (meist wohl Stenosen) und die Hufeisenniere. Ein angespannter Muskeltonus reiht sich ebenfalls in die Liste ein. 

Im Entwicklungsbereich ist ganz simpel ausgedrückt eine Stärke im sprachlichen und ein Schwäche im mathematische Bereich typisch. Allgemein ist die Tendenz, dass das Syndrom keine geistige Beeinträchtigung bringt. Das meint, dass in der Regel ein „normaler“ IQ erreicht wird. In manchen Bereichen eben auch überdurchschnittlich.

Als Mutter würde ich sagen, dass die „Wirbelwindigkeit“ das Typischste ist am Turner-Syndrom – zumindest in der Kindheit. Ansonsten hat mich immer die Herzlichkeit der Frauen mit UTS beeindruckt. Und auch das habe ich häufig erlebt, es gibt so eine UTS-typische Art von Konzentration auf eine Sache, die komplett andere Dinge des Lebens ausblendet. „Scheuklappen-Vergesslichkeit“ fiel mir dazu ein. Aber, und da schließt sich der Kreis, dabei dominiert immer der Wille. Der Wille zu leben, sich weiterzubilden, dazu zu lernen. Und der Wille Voranzukommen ist so präsent und vielfältig bei den „Schnecken“…

Kommentare

  1. avatarvom Kindergarten in die Schule - x-mal anders seinx-mal anders sein

    […] unterbrach mich das Tochterkind und fragte: „Woher kommen eigentlich die Buchstaben?“. Standardisiert fragte ich: „Was denkst du?“. Und meine Tochter rollte (auch schon fast standartmäßig) mit den Augen und antwortete: „Ach […]

    1. avatarvom Kindergarten in die Schule - x-mal anders seinx-mal anders sein

      […] unterbrach mich das Tochterkind und fragte: „Woher kommen eigentlich die Buchstaben?“. Standardisiert fragte ich: „Was denkst du?“. Und meine Tochter rollte (auch schon fast standartmäßig) mit den Augen und antwortete: „Ach […]